Im Dezember 2025 sahen sich deutsche Arbeitgeber mit einer wichtigen Klarstellung im Arbeitsrecht konfrontiert. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) fällte eine Entscheidung, die die Erfassung sämtlicher Arbeitszeiten über elektronische Systeme verpflichtend macht – und zwar für alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe. Selbst kleine Betriebe mit nur wenigen Beschäftigten können diese Vorgabe nicht mehr ignorieren.
Warum kam es gerade jetzt dazu?
Ausgangspunkt war eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall Stegmannaus dem Jahr 2024. Darin wurde deutlich gemacht: Um die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen, muss genau bekannt sein, wie viel sie tatsächlich arbeiten. Ohne ein verlässliches Zeiterfassungssystem lassen sich Überstunden, Ruhezeiten und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben nicht wirksam kontrollieren. Das BAG griff diese Argumentation auf und bestätigte mit Urteil vom 9. Dezember 2025 (Az. 9 AZR 234/24): Die elektronische Arbeitszeiterfassung ist nun der verbindliche Standard für alle.
Bislang verließen sich viele Unternehmen – insbesondere kleinere – auf Vertrauenslösungen: Mitarbeiter trugen ihre Zeiten selbst in Tabellen ein oder es wurde ganz auf eine Erfassung verzichtet. Das Gericht stellte jedoch klar, dass dies nicht ausreicht. Das System muss objektiv, verlässlich und zugänglich sein; papierbasierte Aufzeichnungen oder einfache Excel-Dateien gelten nicht mehr als zulässig, da sie leicht manipulierbar oder verlierbar sind.
Was bedeutet das in der Praxis?
Arbeitgeber sind nun verpflichtet, elektronische Tools einzuführen: Apps, Programme oder Cloud-Dienste, in denen Beschäftigte Beginn und Ende der Arbeitszeit, Pausen sowie Überstunden erfassen. Dies gilt nicht nur für Büroarbeit, sondern ebenso für Homeoffice, fest angestellte Freelancer und sogar Saisonarbeitskräfte.
Die Vorteile liegen auf der Hand:
Es gibt jedoch auch Herausforderungen. Kleine Unternehmen kritisieren zusätzlichen bürokratischen Aufwand und die Kosten für Softwarelösungen. Große Firmen nutzen solche Systeme meist schon seit Jahren, während Familienbetriebe oder Start-ups nun nachziehen müssen. Positiv ist, dass Übergangsfristen vorgesehen sind und für sehr kleine Betriebe Erleichterungen möglich sein können.
Wie kann man sich vorbereiten?
Arbeitgeber sollten nicht zögern: Wählen Sie ein passendes Tool – die Auswahl reicht von einfachen mobilen Apps bis hin zu integrierten Lösungen mit der Lohnabrechnung. Schulen Sie Ihr Team und erklären Sie den Zweck der Neuerung: nicht als Kontrollinstrument, sondern als Beitrag zu einer besseren Work-Life-Balance.
Auch für Beschäftigte ist dies ein Gewinn. Die eigenen Arbeitszeiten lassen sich leichter nachweisen, und Erholungszeiten können besser eingehalten werden. Am Ende profitieren alle von mehr Fairness und Klarheit.
Diese Änderung ist ein Schritt hin zu einer modernen Arbeitskultur in Deutschland. Sie unterstreicht, dass Gesundheit und Transparenz wichtiger sind als überholte Gewohnheiten. Richtig umgesetzt wird die elektronische Zeiterfassung nicht zur Belastung, sondern zu einem hilfreichen Begleiter im Arbeitsalltag.