Während der Abnahme der Bauunternehmergewerke hat ein Architekt dafür Sorge zu tragen, dass bei bereits bekannten Mängeln entsprechende Vorbehalte gemäß § 640 Abs. 3 BGB ausgesprochen werden.
Der Architekt haftet bei Verletzung von vertraglichen oder sonstigen Verpflichtungen. Diese Verantwortung erstreckt sich über die Überwachung der Arbeiten hinaus auch auf die Rechnungsprüfung und weitere Pflichten, die dem Architekten in der Leistungsphase 8 auferlegt werden.
Gemäß einem Urteil des OLG Frankfurt a. M. (Urt. v. 25.04.2022 – 29 U 185/20) nahm ein in der Leistungsphase 8 beauftragter Architekt die Parkettverlegungsarbeiten im Namen der Bauherren ab. Ihm war bekannt, dass die Ausführung an der Türschwelle optisch mangelhaft war – bei geschlossener Wohnungstür war das Parkett im Flur sichtbar. Trotz dieses Wissens behielt sich der Architekt die Mängelrechte nicht gemäß § 640 Abs. 2 BGB (a.F.) vor. Der Unternehmer bestreitet den Mangel, woraufhin die Bauherren Schadensersatz vom Architekten forderten. Das OLG Frankfurt bestätigte diesen Anspruch: Der Architekt hätte im Rahmen der Abnahme im Namen der Bauherren einen Mängelvorbehalt aussprechen müssen oder zumindest die Bauherren darauf hinweisen müssen, dies selbst zu tun.
Gemäß Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.11.1996) darf ein Architekt eine Abnahmeerklärung gegenüber dem Bauunternehmen im Namen der Bauherren nur abgeben, wenn er dazu ausdrücklich bevollmächtigt ist. Dennoch muss der Architekt sicherstellen, dass im Rahmen einer Abnahme eine Vorbehaltserklärung für etwaige Vertragsstrafenansprüche des Bauherrn ausgesprochen wird – entweder durch ihn selbst bei entsprechender Bevollmächtigung oder durch die Bauherren (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 03.04.2007 und BGH, Urteil vom 26.04.1979). Das OLG Frankfurt bestätigte kürzlich die Notwendigkeit, dass ein Architekt die Mängelrechte bei bekannten Mängeln im Zuge der Abnahme vorbehält (§ 640 Abs. 3 BGB aktuelle Fassung). Ohne eine solche Vorbehaltserklärung bei der Abnahme könnten Mängelrechte (nicht aber Schadensersatzansprüche) verfallen (vgl. OLG Jena, Urteil vom 06.03.2013).
Insbesondere wenn der Architekt nicht schon aufgrund fehlerhafter Bauleitung gegenüber dem Bauherrn haftet – was bei Gewerken mit einfachen, üblichen Handwerkerleistungen der Fall sein kann –, wird die Pflichtverletzung des Architekten bei der Abnahme relevant. Der Architekt muss hier nicht zwingend die Entstehung von Mängeln verhindern; eine nachträgliche Kontrolle ist ausreichend. Wenn der Architekt jedoch einen bei dieser Kontrolle entdeckten Mangel bei der Abnahme nicht durch einen erforderlichen Vorbehalt adressiert und der Bauunternehmer die Mängelbeseitigung verweigert, dürfte ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Architekten berechtigt sein.