21
Dez.
2025

Ablehnung von Wohngeld wegen Vermögens: Was das Urteil des Oberverwaltungsgerichts bedeutet

In der Praxis des deutschen Sozialrechts gehören Streitigkeiten um Wohngeld zu den sensibelsten Fällen. Nicht selten erhalten Antragsteller ablehnende Bescheide, die auf den ersten Blick formal korrekt erscheinen, bei näherer Betrachtung jedoch die tatsächliche Lebenssituation außer Acht lassen. Ein aktuelles Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat erneut verdeutlicht, wo die Grenzen eines rein schematischen Vorgehens der Behörden liegen.

Ausgangspunkt des Verfahrens war die Ablehnung von Wohngeld mit der Begründung, der Antragsteller verfüge über Vermögenswerte in Höhe von rund 57.000 Euro. Die zuständige Behörde sah darin einen ausreichenden Nachweis wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und verzichtete auf eine weitergehende Prüfung. Diese Vorgehensweise ist in der Praxis weit verbreitet: Das Vorhandensein von Vermögen wird häufig pauschal mit der Möglichkeit gleichgesetzt, laufende Wohnkosten problemlos zu tragen.

Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Ansatz jedoch ausdrücklich relativiert. Entscheidend sei nicht allein die Höhe des Vermögens, sondern die Frage, ob und in welchem Umfang dieses tatsächlich zur Deckung der aktuellen Wohnkosten eingesetzt werden kann. Vermögen ist nicht immer frei verfügbar, kann zweckgebunden sein oder mit Verpflichtungen einhergehen, deren Missachtung zu erheblichen finanziellen Nachteilen führen würde. Eine automatische Ablehnung allein aufgrund eines überschrittenen Vermögensfreibetrags widerspricht daher dem Zweck des Wohngeldrechts.

Mit seiner Entscheidung hat das Gericht klargestellt, dass Sozialbehörden verpflichtet sind, jeden Einzelfall individuell zu prüfen. Ziel des Wohngeldes ist es, angemessenen Wohnraum zu sichern, ohne den Antragsteller zu zwingen, seine wirtschaftliche Existenzgrundlage zu gefährden. Ein rein rechnerischer Blick auf Kontostände genügt diesem Anspruch nicht.

Für die anwaltliche Praxis ist dieses Urteil von erheblicher Bedeutung. Es stärkt die Position von Antragstellern, deren Anträge ohne hinreichende Begründung abgelehnt wurden, und bietet eine wichtige Argumentationsgrundlage für Widerspruchs- und Klageverfahren. Gerade vor dem Hintergrund steigender Mieten und Nebenkosten zeigt sich zunehmend, dass vorhandene Rücklagen nicht automatisch finanzielle Sicherheit bedeuten.

Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass solche Verfahren selten ohne fundierte rechtliche Vorbereitung erfolgreich sind. Das Sozialrecht ist stark formalisiert, Fristen sind kurz, und die Anforderungen an die Begründung hoch. Viele Antragsteller scheitern nicht an der materiellen Rechtslage, sondern an formalen Fehlern oder einer unzureichenden Darstellung ihrer wirtschaftlichen Situation.

In vergleichbaren Fällen kann daher die frühzeitige Einbindung eines im Sozialrecht erfahrenen Rechtsanwalts entscheidend sein. Eine qualifizierte rechtliche Prüfung ermöglicht es, die tatsächliche Verfügbarkeit des Vermögens korrekt darzustellen, die aktuelle Rechtsprechung einzubeziehen und die Erfolgsaussichten realistisch einzuschätzen. Nicht selten lässt sich auf diesem Weg eine erneute Prüfung oder sogar eine Korrektur der behördlichen Entscheidung erreichen.

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zeigt einmal mehr, dass auch im Bereich der sozialen Leistungen pauschale Entscheidungen rechtlich angreifbar sind. Für Betroffene bedeutet dies, dass eine Ablehnung von Wohngeld nicht zwangsläufig das Ende des Verfahrens darstellt. Für die anwaltliche Praxis bestätigt sich erneut, dass eine sorgfältige Einzelfallprüfung und eine klare rechtliche Argumentation maßgeblich zum Erfolg beitragen können.

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