Ende 2025 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine Entscheidung getroffen, die als wegweisend für den Schutz des Anspruchs auf gleiche Bezahlung gilt. Das Gericht stellte klar: Für den Verdacht einer Entgeltdiskriminierung ist es nicht erforderlich, ganze Beschäftigtengruppen oder statistische Durchschnittswerte zu vergleichen. Bereits ein einzelner Kollege oder eine Kollegin mit gleichwertiger Tätigkeit und höherem Gehalt kann ausreichen, um eine Diskriminierungsvermutung auszulösen.
Neuer Ansatz bei der Beweisführung
Bislang mussten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oft umfangreiche Vergleiche anstellen und statistische Daten vorlegen. Individuelle Abweichungen konnten Arbeitgeber häufig mit „betrieblichen Besonderheiten“ oder „historischen Gründen“ erklären.
Das BAG rückt nun die konkrete Tätigkeit in den Mittelpunkt:
Sind Aufgaben, Verantwortung und Anforderungen vergleichbar, und erhält eine Person des anderen Geschlechts mehr Gehalt, genügt dies bereits, um die Vermutung einer Diskriminierung zu begründen. Danach liegt die Beweislast beim Arbeitgeber, der die Entgeltunterschiede objektiv rechtfertigen muss.
Bedeutung für Beschäftigte
Für viele Arbeitnehmerinnen – und generell alle Beschäftigten – erleichtert diese Entscheidung die Durchsetzung des Anspruchs auf gleiche Bezahlung erheblich. Die Suche nach durchschnittlichen Gruppenwerten entfällt; im Vordergrund steht der direkte, individuelle Vergleich.
Zudem stärkt das Urteil die Position in Gehaltsverhandlungen. Der Verweis auf einen konkreten Kollegen macht mögliche Ansprüche klarer und durchsetzbarer.
Bedeutung für Arbeitgeber
Arbeitgeber müssen künftig noch sorgfältiger dokumentieren, warum bestimmte Personen mehr verdienen als andere. Intransparente oder historisch gewachsene Gehaltsstrukturen können zum Risiko werden.
Klare Kriterien, nachvollziehbare Vergütungsmodelle und transparente Begründungen von Leistungszulagen gewinnen an Bedeutung – nicht zuletzt, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Europäischer Kontext: Schritt zu mehr Transparenz
Die Entscheidung reiht sich ein in die laufende Entwicklung hin zu mehr Entgelttransparenz in Europa. Deutschland steht kurz vor der vollständigen Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie.
Damit wird der individuelle Vergleich, den das BAG nun stärkt, künftig eine noch größere Rolle spielen.
Was sollten die Beteiligten jetzt tun?
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten ihre Tätigkeit und Vergütung aktiv mit Kolleginnen und Kollegen in vergleichbaren Positionen abgleichen. Fallen dabei nicht nachvollziehbare Unterschiede auf, ist ein frühzeitiger rechtlicher Rat sinnvoll – insbesondere, um Beweise korrekt einzuordnen und das richtige Vorgehen zu wählen.
Eine Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht kann dabei helfen, rechtliche Risiken zu minimieren und eine erfolgreiche Strategie zu entwickeln.
Arbeitgeber sollten ihre Vergütungsstrukturen überprüfen und klar dokumentieren:
Juristische Begleitung ist auch für Unternehmen empfehlenswert, um das Vergütungssystem rechtssicher an die aktuelle Rechtsprechung anzupassen und Konflikte zu vermeiden.
Fazit
Die BAG-Entscheidung stärkt das Prinzip der gleichen Bezahlung deutlich. Ein einzelner Vergleich genügt nun, um eine mögliche Diskriminierung aufzuzeigen. Das führt zu mehr Transparenz und Fairness – und erfordert sowohl von Arbeitnehmern als auch von Arbeitgebern ein stärkeres Bewusstsein für die rechtlichen Anforderungen.