26. November 2023 – Die jüngsten Entwicklungen im EU-Rechtsraum, speziell die vom EU-Parlament im März 2023 geforderten strengeren Energieeffizienzstandards für Gebäude, werfen in Deutschland eine komplexe Rechtsfrage auf: Inwieweit werden öffentlich-rechtliche Schutzvorschriften durch das Gebäudeenergiegesetz beeinflusst oder gar überlagert?
Das Gebäudeenergiegesetz, als Teil des „Fit for 55“-Klimapakets der EU, verfolgt das ambitionierte Ziel, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren. Dies schließt eine umfassende energetische Sanierung vieler Immobilien ein, um den hohen Anteil der Gebäude am Energieverbrauch und an den Treibhausgasemissionen in der EU zu reduzieren. Besonders ab Januar 2024 greifen die neuen, strengeren Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes, die unter anderem die vollständige Nutzung von erneuerbaren Energien für Heizungen und umfassende Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, wie etwa Gebäudedämmung, vorsehen.
In diesem Kontext erhebt sich die Frage nach dem Verhältnis dieser Bestimmungen zu bestehenden öffentlich-rechtlichen Schutzvorschriften. Der § 2 EEG (Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien) sieht vor, dass die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegen. Dies hat zur Folge, dass in Abwägungsentscheidungen der Vorrang erneuerbarer Energien zu berücksichtigen ist. Ein Spannungsfeld ergibt sich insbesondere dort, wo historische Gebäude unter Denkmalschutz stehen oder der Baumschutz eine Rolle spielt. Nach § 9 Abs. 3 DSchG NRW (Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen) beispielsweise können Maßnahmen zur Energieeffizienz nur dann durchgeführt werden, wenn sie nicht den Belangen des Denkmalschutzes widersprechen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse vorliegt.
Die Herausforderung besteht darin, einen gerechten Ausgleich zwischen den Erfordernissen des Klimaschutzes und dem Erhalt kulturellen Erbes sowie natürlichen Lebensräumen zu finden. Dies gilt umso mehr, wenn beispielsweise Photovoltaikanlagen auf Dächern durch große Bäume verschattet werden, was deren Effizienz beeinträchtigt. Die bestehenden Baumschutzsatzungen bieten hierfür bislang keine klaren Ausnahmeregelungen, was durch die Vorgaben des § 2 EEG künftig möglicherweise anders gehandhabt werden muss.
Die Landesbauordnung NRW hat bereits durch das Gebäudeenergiegesetz Anpassungen erfahren, die unter anderem Erleichterungen für Windenergieanlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie für Wärmepumpen vorsehen. Zudem ermöglicht eine Neuregelung die Erfüllung der PV-Pflicht auf Dächern durch alternative Installationsmöglichkeiten an anderen Außenflächen des Gebäudes.
Trotz dieser Anpassungen bleibt das rechtliche Spannungsfeld zwischen Klimaschutz und anderen öffentlich-rechtlichen Belangen bestehen. Es bedarf weiterhin einer sorgfältigen Einzelfallprüfung, um zu entscheiden, welches Rechtsgut im konkreten Fall überwiegt. Diese fortbestehende Rechtsunsicherheit fordert von Immobilieneigentümern und Behörden eine besonders sorgfältige Abwägung und ein hohes Maß an rechtlichem Feingefühl.
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