Wenn der Auftraggeber das Bauwerk bezieht und nach einer angemessenen Prüfungsfrist keinerlei Gegenteiliges aus seinem Verhalten erkennbar ist, kann dies als konkludente Abnahme angesehen werden. Bei einem Einfamilienhaus wird eine Prüfungsfrist von etwa 6 Monaten als angemessen betrachtet.
Hintergrund: Der Architekt trägt die Haftung bei Nichteinhaltung vertraglicher oder anderweitiger Pflichten. Dabei unterliegen Haftungsansprüche gegenüber dem Architekten der Verjährung. Die Bestimmungen für Dauer, Beginn und Unterbrechungen der Verjährung waren bis zum 31.12.2001 anders als nach dem neueren Recht.
Beispiel: (gemäß OLG Celle, Urteil v. 02.08.2023 – 14 U 200/19) Ein Architekt wird beauftragt, ein Einfamilienhaus umzubauen und zu modernisieren. Im Nachhinein gibt es Unstimmigkeiten zwischen den beiden Parteien, woraufhin der Architekt Resthonorar vom Bauherrn einfordert. Der Bauherr argumentiert dagegen, dass die Forderung bereits an der fehlenden Fälligkeit des Honorars gemäß § 15 I HOAI 2013 scheitert: Er habe keine Abnahme des Architektenwerks vorgenommen, und diese Abnahme sei gemäß § 15 HOAI 2013 Voraussetzung für die Fälligkeit. Weiterhin betont er, dass die Abnahme der Bauleistungen nicht mit der des Architektenwerks zu verwechseln sei.
Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht vertreten eine andere Ansicht und sehen die Fälligkeit des Honoraranspruchs als gegeben an. Sie gehen von einer konkludenten Abnahme des Architektenwerks aus, die während der Inbenutzungnahme des Bauwerks stattgefunden hat. Generell lässt sich nur dann auf einen konkludenten Abnahmewillen schließen, wenn der Auftraggeber ausreichend Gelegenheit zur Überprüfung des Werks hatte. Wie lange diese Prüfungs- und Bewertungsfrist dauert, hängt vom Einzelfall ab und wird durch die allgemeinen Erwartungen bestimmt. Unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Architekten, den Zeitpunkt der konkludenten Abnahme nicht unverhältnismäßig zu verzögern, wäre es ungerechtfertigt, die Prüfungsfrist unbegrenzt zu verlängern.
Hinweis: Angesichts der obigen Rechtsprechung könnte man davon ausgehen, dass für größere Bauprojekte als Einfamilienhäuser eine entsprechend verlängerte Prüfungszeit erforderlich sein könnte. Es muss jedoch auch immer geprüft werden, ob die Fälligkeit des Honorars nicht aufgrund eines Ersatzes für die Abnahme (z. B. Eintritt des Abwicklungsverhältnisses) bereits eingetreten ist.